Grundschullehrer: Werd' ein Lernbegleiter!
Sascha
Sascha Adrian Braun, 45, unterrichtet unter anderem Kinder im Grundschulalter an der Laborschule Bielefeld.
Er ist zudem gelernter Hotel-Restaurantfachmann. Nach der Ausbildung hat er nochmal angefangen zu studieren. Während seines Studiums hat er als studentischer Mitarbeiter für den Boys'Day gearbeitet.
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ZUM INTERVIEW:
Stell dir vor, ein Außerirdischer kommt vorbei und fragt dich nach deinem Job. Wie beschreibst du ihm deine Arbeit?
Auf der Erde lernen kleine Menschen, wie die Welt um sie herum funktioniert und wie man sich in ihr zurecht findet.
Manchmal lernen sie das an einem Ort gemeinsam, den nennt man Schule. Dort arbeiten große Menschen, die im Laufe ihres Lebens gelernt haben, wie man sein Wissen weitergeben kann. In meinem Fall speziell an kleinere Menschen.
Ich helfe ihnen also dabei, Dinge zu verstehen, Rätsel zu lösen und Codes zu entschlüsseln.
Was gefällt dir an deiner Arbeit? Und gibt es etwas, das dir nicht so gut gefällt?
An meiner Arbeit gefällt mir, dass ich jeden Tag etwas Neues erlebe und sich ständig etwas ändert. Zudem arbeite ich gern mit Menschen und davon gibt es an einer Schule sehr viele.
Was ich manchmal nicht so toll finde, ist die zusätzliche Arbeit, die über den normalen Unterricht hinausgeht. Da wir ein kleines Kind haben, wäre ich gern öfter und früher zu Hause, um meine Frau zu unterstützen und mehr von meinem Sohn zu haben. Aber das ist nur manchmal so.
Zum Glück habe ich als Lehrer ja viel mehr Zeit für meine Familie, als in meinem früheren Beruf im Hotel.
Mit vielen kleinen Kindern zu arbeiten, ist bestimmt auch mal stressig. Wie schaffst du es, dabei entspannt zu bleiben?
Sicher ist es manchmal wuselig um einen herum und manchmal wird es auch echt stressig! Aber diese Momente sind die, an denen ich wachsen kann. Ich versuche dann immer ganz ruhig zu werden, denn sich auf den Stress einzulassen, erzeugt nur mehr Stress!
Und oft mache ich die Wuselein einfach mit, denn auch das gehört zum Schulalltag dazu und baut eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern auf.
Kannst du deine Arbeit gut mit deinem Familienleben vereinbaren?
Ja! Für junge Eltern wird viel Verständnis aufgebracht. Es ist einfach, mit der Schulleitung und dem Kollegium eine spontane Lösung zu finden, wenn z. B. mal das eigene Kind krank ist. Früher im Hotel wäre das sehr kompliziert gewesen und mit wesentlich mehr Aufwand verbunden.
Welche Eigenschaften/Fähigkeiten sollte man als Grundschullehrer haben? Und wann sollte man den Job eher nicht wählen?
Als Grundschullehrer solltest du:
- Freude an der Arbeit mit Kindern haben
- Lust und Interesse haben Neues zu lernen
- flexibel sein
- belastbar und ein wenig stresserprobt sein (das lernt man mit der Zeit dann aber auch)
- teamfähig sein
- einen Idealismus haben, den du im Laufe deiner Amtszeit nicht verlieren solltest; sozusagen ein inneres, höheres Ziel, welches du vermitteln willst. (Z. B. steht bei mir ganz oben mit auf meiner Liste, dass ich den Kindern eine gewisse Empathie für unseren Planeten vermitteln will, damit sie ein Gefühl für Umwelt- und Tierschutz entwickeln.)
Der Job ist nichts für Leute, die denken: Lehrer haben morgens recht und mittags frei!!!
Was glaubst du, warum gibt es so wenige männliche Grundschullehrer?
Es gibt kaum Aufstiegs- und Karrierechancen (außer unter Umständen Leitungsstellen). Außerdem zu viel Stress!
Freuen sich die Kinder, wenn es mal einen männlichen Lehrer gibt? Nimmst du Unterschiede wahr?
Kinder haben ein gutes Gespür dafür, was ein Lehrer ist und was man mit ihm anderes machen kann, als mit einer Lehrerin. In erster Linie ist das aber eine Typ- und keine Geschlechterfrage.
Du hast schon während des Studiums für den Boys’Day gearbeitet. Jetzt hast du auch einen Job, in dem die Männer deutlich in der Unterzahl sind. Was müsste sich ändern, damit es mehr werden?
Für Männer müssten sich die Verdienstmöglichkeiten ändern, das ist meiner Meinung nach, das Hauptkriterium.
Zudem sollte der Beruf mehr gehypt werden! Ich habe an den drei Schulen, an denen ich war, sehr interessante und motivierte Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Gerade was die männlichen Kollegen angeht, hat sich da im Vergleich zu meiner Schulzeit viel verändert. Männliche Lehrer sind lange nicht mehr irgendwelche Nerds mit Carohemden und Cordjacken. Sie sind Fußballer, Kampfsportler, Triathleten, Musiker, Biker und viel mehr.
Was würdest du Jungs raten, die sich für den Job interessieren?
Jungs! Ihr wollt die Welt verändern? Ihr habt Ideen, wie ihr Kindern etwas vermittelt, das sie brauchen?
Deutschunterricht und HipHop passen gut zusammen, Breakdance, Sprayen und Computerspiele, Biken, Skaten... Moderne und coole Sachen kommen genau dann in der Schule vor, wenn DU sie dahin bringst!
Einen Parcours in Sportunterricht aufbauen, ein Computerspiel im Informatikunterricht entwickeln, Skateboards, Blades und Roller auseinander und wieder zusammenbauen, englische Musiktexte übersetzen und im Musikunterricht ein Gedicht vertonen!
Es gibt so viele Möglichkeiten, DICH und DEINE Interessen in der Arbeit mit kleinen Kindern einzubringen! Und das Lachen und die großen Kinderaugen, die begeistert schauen, sind ein unvergessliches Erlebnis! Das bekommst du nicht im Büro oder sonstwo!
Übernimm den Unterricht und die Verantwortung! Werd' ein Lernbegleiter! :)
Alles, was du sonst noch sagen möchtest:
Der Job ist nichts für Leute, die denken: Lehrer haben morgens recht und mittags frei!!!
27.03.2020