Erzieher, Papa, Blogger
Jonas
Jonas (27) arbeitet seit sechs Jahren als Erzieher und ist seit ein paar Monaten Vater einer kleinen Tochter. Auf Instagram lässt er seine Follower an seinem Familienleben teilhaben.
War für dich schon immer klar, dass du als Erzieher arbeiten möchtest?
Nein, ganz im Gegenteil - das ist eine lustige Geschichte.
Ich habe in der 9. Klasse ein dreiwöchiges Praktikum machen müssen. Ich wollte gerne etwas mit Chemie machen, weil es das einzige Fach war, in dem ich richtig gut war und das mir mega Spaß gemacht hat. Nach einem halben Tag bin ich da aber umgekippt und nach Hause geschickt worden. Am nächsten Tag das Gleiche. Das machte alles also keinen Sinn und es musste schnell eine Alternative her. Meine Mutter schlug vor, in der Kita nachzufragen, in der ich selbst früher war. Dort hat es mir dann so gut gefallen, dass ich nach dem Fachabitur für Sozial- und Gesundheitswesen meine Erzieherausbildung gemacht habe.
Kam noch eine andere Ausbildung in Frage?
Nein, ich dachte ja immer es solle etwas mit Chemie sein. In Chemie hatte ich eine coole Lehrerin und gute Noten, aber durch das Praktikum habe ich meinen Traumberuf gefunden.
Was gefällt dir besonders an deiner Arbeit? Was gefällt dir weniger?
Jeder Tag ist anders; es ist keine stupide Arbeit. Jeder Tag hat neue Herausforderungen, tolle und nicht so tolle Momente. Die Kinder beim Großwerden zu begleiten ist super. Ich komme jeden Morgen zur Arbeit und werde mit einem Lächeln begrüßt. Das macht mich sehr glücklich!
Du bist auch "Papablogger" auf Instagram. Wie bist du darauf gekommen?
Ich bin seit Dezember 2019 Papa, meine Tochter ist jetzt fünf Monate alt. Ich war schon länger auf Instagram aktiv, aber es war nur ein Hobby. Ich fand irgendwann, dass es viel zu viele Mamas auf Instagram gibt, die aus ihrem Leben berichten und im Gegensatz dazu kaum Männer, bzw. Väter. Ich möchte ein Vorbild sein. Ich mag das Klischee nicht, dass nur Frauen sich um Kinder kümmern.
Wie haben deine Eltern und deine Freunde auf deine Berufswahl reagiert? Wie findet es dein Umfeld, dass du auf Insta aus deinem Privatleben mit Kind berichtest?
Mein Papa fand es zuerst schwierig. Er ist selbst Ingenieur und hätte es gerne gesehen, wenn auch ich eine akademische Laufbahn eingeschlagen hätte. Nachdem er aber zu Besuch bei einem Sommerfest in meiner Kita war, war er voll stolz und findet es jetzt super. Meine Mama und Freunde und Freundinnen haben mich immer unterstützt; für die war das nie ein Problem. Auch das Bloggen auf Instagram unterstützen alle und begrüßen das.
Was sollte man besonders gut können, um in deinem Job als Erzieher zu arbeiten? Was geht gar nicht?
Auf jeden Fall sollte man empathisch sein. Wichtig ist es, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen und mit Herz bei der Sache zu sein. Da es jeden Tag neue Herausforderungen gibt, muss ich auch jeden Tag situativ darauf eingehen; das ist wichtig. Es ist halt kein Job, bei dem es nur darum geht, stumpf Geld zu verdienen. Es ist eher eine Berufung.
Macht es sich für dich bemerkbar, dass die meisten deiner Kollegen weiblich sind?
Ich war eigentlich immer der einzige Mann. Im Anerkennungsjahr gab es mal zwei weitere. Manchmal gibt es Reibungspunkte mit den Kolleginnen. Ich habe das Gefühl, ich bin etwas entspannter und weniger emotional in manchen Dingen, bei denen die Kolleginnen doch etwas empathischer sind als ich. Aber das ist ja vielleicht auch in jedem anderen Team so. Es ist auch ganz schön, der Hahn im Korb zu sein, sowohl bei den Eltern der Kinder, den Kindern selbst und den Kolleginnen.
Welche Gründe hat es deiner Meinung nach, dass sich so wenige Männer für den Erzieher-Beruf entscheiden und dass es in den sozialen Medien viel mehr "Mamablogs" gibt?
Es gibt immer noch veraltete Rollenbilder in der Gesellschaft in Bezug auf Väter und Männer in der Erziehung. Außerdem ist die Bezahlung sicherlich nicht die Beste. Aber es gibt Jobs, in denen man weniger verdient und ich kann durchaus meine Familie ernähren.
Auf Instagram geht es langsam in eine andere Richtung. Es präsentieren sich mehr Väter in Elternzeit und brechen die alten Rollenklischees auf. Viele haben aber noch Hemmungen, sich zu präsentieren und auch zu profilieren. Ich persönlich finde es wichtig zu zeigen, dass es auch anders geht.
Was müsste sich ändern, damit es mehr und selbstverständlicher wird, als Mann Kinder zu betreuen, egal ob privat oder in der Kita?
Die gesellschaftliche Akzeptanz fehlt. Die Bereitschaft der Arbeitgeber, auch Männer in Elternzeit zu akzeptieren muss wachsen und das auch ohne blöde Sprüche. Freunde haben mir schon berichtet, dass sie in Elternzeit gehen wollten und dafür belächelt wurden. Es bräuchte mehr Vorbilder in Elternzeit, gerade auch unter Politikern oder Vorständen und Geschäftsführern.
Hast du konkrete Pläne für die nächsten Jahre? Willst du deine Social-Media-Aktivitäten weiter ausbauen?
Auf jeden Fall möchte ich neben dem Job weiter bloggen. Und ich würde gerne Kita-Leitung werden. Dafür habe ich bereits Fortbildungen gemacht. Jetzt steige ich nach zwei Monaten Elternzeit erst einmal wieder normal ein.
Könntest du dir vorstellen, weniger zu arbeiten als deine Partnerin?
Das ist auf jeden Fall eine Überlegung in ein paar Jahren.
Alles, was du sonst noch sagen möchtest...
Seid mutig und stellt Euch den Herausforderungen! Stellt Euch gegen eine Gesellschaft mit veralteten Rollenbildern! Viele haben ein völlig falsches Bild vom Erzieherberuf und Vatersein. Die Schulen dürfen gerne aktiver sein und Erzieher einladen; gute Vorbilder sind total wichtig.
Jonas auf Instagram: jonaskozi
29.04.2020